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Der Schatterfels bei Michelbach - Ein botanischer Leuchtpunkt

Datum: 

19.06.2025
Der Schatterfels bei Michelbach - Ein botanischer Leuchtpunkt

Ort: 

Schmelz-Schattertriesch
Blick auf den Schatterberg vom Steinbruch Großer Horst aus (2020) 

 

1. Räumliche und pflanzengeographische Einordnung

Der Schatterfels liegt in 284 m Höhe auf dem nach Südsüdost geneigten Steilhang des Schatterberges/Reichertsberges und erstreckt sich an seiner oberen Kante auf einer Länge von etwa 80 m. Naturlandschaftlich gehört er zum Naturpark Saar-Hunsrück.1)

Naturräumlich ist der Fels Teil des Saar-Nahe-Berglandes, wobei er im Prims-Hochland des Prims-Nahe-Berglandes liegt.2) Die Prims entspringt südlich des Erbeskopfes im Hunsrück und durchbricht bei Bardenbach bis zur „Gottes-Belohnung“ bei Schmelz auf einer Strecke von etwa 10 km die Waderner Schichten und die basischen Vulkanite des Perm. Zu erwähnen sind auf dieser Strecke der „Bardenbacher Fels“, der „Buttnicher Kopf“, der „Kälberfels“ bei Büschfeld und die gegenüberliegende „Primsleite“, der „Hoxfels“ bei Limbach und eben der „Schatterfels“. Von der Höhenlage her ist er der collin/submontanen Stufe zuzuordnen. Touristisch wird der Fels durch den „Geologischen Wanderweg“ der Gemeinde Schmelz erschlossen, der in diesem Teilstück von der Kirche in Schattertriesch (einem Ortsteil von Schmelz) teilweise über Stufen steil nach oben führt. Alternativ kann man auch den Pfad vom Kreuz auf dem Schatterberg nach unten nehmen („Der Geologische“: Flyer kann kostenlos bestellt werden). 3) Mit „Triesch“ (syn. „Driesch“) bezeichnet man ein brach liegendes, unbebautes Land. Geht man von den Angaben auf einer privaten Homepage aus, so könnte die Bezeichnung „Schatter“ von dem Namen der Familien „Schetter“ aus dem lothringischen Téterchen abgeleitet werden, die als Erste den Triesch besiedelten. 15) Der Fels selbst ist den Bewohnern von Schattertriesch unter dem Namen „Kippchen“ geläufig.

Das Prims-Hochland ist geologisch und geomorphologisch weitgehend vulkanisch geprägt. Die Formation des Schatterfels besteht aus Latitandesit, einem basischen Effusivgestein. Im nahe gelegenen Steinbruch der Basalt-AG wird Intrusivgestein (Kuselit) und in den aufgelassenen Steinbrüchen des Außener Himmelsberges wurde früher Rhyolith abgebaut. (Viele ältere Häuser in der Umgebung sind mit diesen „Außener Steinen“ errichtet worden). 4)

Als potentielle natürliche Vegetation - also eine Vegetation ohne anthropogene Beeinflussung - würde sich im Bereich des Schatterberges ein planar-colliner Flattergras-Buchenwald (c_M20) einstellen.5) Pflanzensoziologisch lässt sich die Vegetation der Felsformation dem Sedo-Scleranthion (8230 - Silikatfelsen mit Pioniervegetation bzw. 8220 - Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation) zuordnen.6) Die nach Süden ausgerichteten Hänge des Schatterberges sind mit Ausnahme der Flächen unterhalb des Schatterfels, die in letzter Zeit öfters freigestellt worden sind, bewaldet (siehe hierzu auch Kap. 5). Typisch für die Bodenschicht seien hier Melica uniflora, Polygonatum multiflorum und Alliaria petiolata genannt. Etwa 100 m weiter westlich des Felsens befand sich am Hang oberhalb der B 268 ein reiches Vorkommen von Orchis mascula (Staudt 2016, geschätzt > 1000), bestätigt durch Staudt/Werno 2018, Neusius 2020, etwa 125 Ex, wobei 2024 wg Windbruch, Verwilderung des Unterwuchses und inzwischen weitgehender Unzugänglichkeit nur noch 7 und aktuell im Mai 2025 10 Exemplare gezählt worden sind (siehe FFIpS). Bei einer Pflanzenaufnahme im Mai 2025 wurden 10 Stöcke von Platanthera chlorantha neu gefunden. Der Schatterberg mit dem Schatterfels war früher Teil des NSG „Schatterberg/Primsaue Schartenmühle“, das 2017 als südlichster Teil im Naturschutzgebiet 6507-301 „Prims“ aufging.7)

 

2. Die Flora des Schatterfels

Eine erste Erwähnung der Flora des Schatterfels geht auf die Beobachtungen des Nunkirchener Lehrers Mathias Dewes (1862 - 1936 ) zurück. In seinen nach Berlin und Bonn gemeldeten Funden aus dem Schwarzwälder Hochwald und seinem Vorland wird bereits damals Anthericum liliago bei Michelbach genannt.8) Paul Haffner (1905 - 2001 ), Gründungs- und Ehrenmitglied der DELATTINIA , war es dann vorbehalten, eine erste Bestandsaufnahme der „Felsheide des Schatterberges bei Michelbach“ mit 50 Arten in der Feldschicht (sic!) [=Krautschicht, die Verf.] und 14 Arten in der Strauchschicht zu erstellen (veröffentlicht 1958 u. a. beruhend auf Aufnahmen vom 20. Juli 1951 und 30. Juli 1952 sowie nachfolgenden Überprüfungen.9,10) Als Besonderheiten seien hier beispielhaft erwähnt:

Asplenium septentrionale, Dianthus carthusianorum, Sedum album, Scleranthus perennis, Silene nutans, Turritis glabra, Anthericum liliago und Genista germanica, die alle auch in unserer Bestandsaufnahme aufgeführt werden. Auffallend ist, dass sowohl in den Aufnahmen von Haffner als auch in den unseren Amelanchier embergeri als Namensgeber des Felsenbirnengebüschs10) fehlt, die aber sowohl am benachbarten Hoxfels als auch am Buttnicher Kopf vorzufinden ist. Nach P. Haffner wurde ein Vorkommen am „Großen Horst“ durch die Erweiterung des dortigen Steinbruchs vernichtet. 16)

Die in der nachstehenden Tabelle in alphabetischer Reihenfolge aufgeführten Gefäßpflanzen beruhen auf den Beobachtungen von:

  • A. Staudt: Atlas der Gefäßpflanzen von Schmelz 1982 - 1989 12)
  • A. Staudt: Biodiversitaet in der Großregion Saar-Lor-Lux, Rheinland-Pfalz und Wallonien 13)
  • P. Haffner: 1951, 1952 (siehe oben) und nachfolgende Überprüfungen

Hinzu kommen neuere Meldungen von Aloysius Staudt und Walter Neusius (dieser ab 2019 ) im FFIpS, dem Faunistisch-Floristischen Informationsportal des Saarlandes und der Saar-Mosel-Region und die Ergebnisse der beiden gemeinsamen Begehungen vom 07. und 30. Mai 2025.

Die wissenschaftlichen und deutschen Namen entsprechen der aktuellen Nomenklatur und ersetzen in einigen Fällen die von P. Haffner im Original verwendeten Bezeichnungen (diese sind dann mit angegeben und in runde Klammern gesetzt).

  • H: Von Haffner gefunden
  • ST N: Von Staudt, Neusius oder gemeinsam gefunden
  • RL SL 2020: Rote Liste der Gefäßpflanzen des Saarlandes 2020 17)
  • BE: Häufigkeitskategorie aktueller Bestand (ebd.)

Wissenschaftlicher Name

Deutscher Name

H

ST N

RL SL 2020

BE

(Pyrus malus) ?
(Wilder Holzapfel)
+
-
 
 
(Stachys officinalis) ?
(Echter Ziest)?
+
-
 
 
(Thymus serpyllum) ?
Sand-Thymian (Echter Thymian)
+
-
 
 
Acer campestre
Feldahorn
+
+
*
mh
Acer pseudoplatanus
Bergahorn
+
+
*
sh
Aira caryophyllea
Nelken-Haferschmiele
+
+
*
mh
Allium oleraceum (A.spz.)
Rosslauch (Lauch)
+
+
*
mh
Anemone nemorosa
Buschwindröschen
-
+
*
H
Anthericum liliago
Astlose/Traubige Graslilie
+
+
3
ss
Arabidopsis arenosa ssp. borbasii (Arabis arenosa)
Felsen-Sand-Schaumkraut
+
+
*
s
Arabidopsis thaliana
Acker-Schmalwand
-
+
*
h
Arenaria serpyllifolia
Quendelblättriges Sandkraut
+
+
*
h
Arrhenaterum elatius ssp. elatius
Gewöhnlicher Glatthafer
-
+
*
sh
Asplenium adiantum nigrum
Schwarzstieliger Streifenfarn (Milzfarn)
+
+
*
s
Asplenium septentrionale
Nordischer Streifenfarn (Milzfarn)
+
+
*
ss
Asplenium trichomanes
Braunstieliger Streifenfarn (Steinfeder)
+
+
 
mh
Betonica officinalis
Echte Betonie/Heilziest
+
+
V
mh
Bromus erectus
Aufrechte Trespe
-
+
*
h
Campanula persicifolia
Pfirsichblättrige Glockenblume
-
+
*
mh
Campanula rotundifolia
Rundblättrige Glockenblume
+
+
*
sh
Carex caryophyllea
Frühlingssegge
+
+
3
mh
Carex flacca (C. glauca)
Blaugrüne Segge
+
+
*
mh
Cerastium glutinosum
Bleiches (Zwerg-)Hornkraut
-
+
*
h
Cornus sanguinea
Roter Hartriegel
-
+
*
h
Crataegus laevigata (C. oxyacantha)
Zweigriffliger Weißdorn
+
+
*
sh
Crataegus monogyna
Eingriffliger Weißdorn
+
+
*
sh
Cytisus scoparius
(Sarothamnus scoparius)
Besenginster (Besenstrauch)
+
+
*
sh
Dianthus armeria
Büschelnelke
+
-
*
mh
Dianthus carthusianorum
Karthäusernelke
+
+
R
es
Dianthus deltoides
Heidenelke (Pfingstnelke)
+
-
3
mh
Draba verna
Frühlingshungerblümchen
-
+
*
sh
Echium vulgare
Gemeiner Natternkopf
+
+
*
h
Epilobium lanceolatum
Lanzettblättriges Weidenröschen
-
+
*
mh
Erodium cicutarium
Schierlings-Reiherschnabel
-
+
*
h
Euphorbia cyparissias
Zypressen-Wolfsmilch
+
+
*
sh
Festuca ovina agg. (F. duriuscula, F. glauca)
Echter Schafschwingel
+
+
 
 
Filago arvensis
Acker-Fadenkraut
+
-
2
ss
Filago minima
Kleines Fadenkraut
+
+
3
mh
Fragaria vesca ssp. vesca
Wald-Erdbeere
-
+
*
sh
Galeopsis segetum
Saat-Hohlzahn
-
+
V
mh
Galium verum
Echtes Labkraut
-
+
*
h
Genista germanica
Deutscher Ginster
+
+
1
es
Genista pilosa
Behaarter Ginster
+
-
V
mh
Genista sagittalis
Flügel-Ginster (Pfeilginster)
+
+
3
mh
Genista tinctoria
Färber-Ginster
+
+
V
mh
Geranium columbinum
Stein-Storchschnabel
-
+
*
mh
Geranium dissectum
Schlitzblättriger Storchschnabel
-
+
*
mh
Geranium robertianum
Stinkender Storchschnabel
+
-
*
sh
Hedera helix
Gemeiner Efeu
-
+
*
h
Hieracium maculatum
Geflecktes Habichtskraut
-
+
*
mh
Hieracium pilosella
Behaartes Habichtskraut
+
+
 
 
Hieracium umbellatum
Dolden-Habichtskraut
+
-
*
h
Hylotelephium telephium (Sedum telephium)
Purpur-Waldfetthenne (Rote Fetthenne)
+
-
*
h
Hypericum montanum
Berg-Johanniskraut (Berg-Hartheu)
+
-
2
ss
Hypericum perforatum
Echtes Johanniskraut (Tüpfel-Hartheu)
+
+
*
h
Hypochaeris radicata
Gewöhnliches Ferkelkraut
+
-
*
sh
Inula conyzae
Dürrwurz-Alant (Dürrwurz)
+
+
*
mh
Koeleria macrantha
Zierliches Schillergras
-
+
3
mh
Lactuca virosa
Giftlattich
-
+
*
s
Lonicera peryclemenum
Wald-Geißblatt
-
+
*
h
Luzula luzuloides
Weißliche Hainsimse
-
+
*
h
Mahonia aquifolia
Gewöhnliche Mahonie
-
+
*
mh
Origanum vulgare
Gewöhnlicher (Gemeiner) Dost
+
+
*
h
Petrorhagia prolifera (Dianthus prolifer)
Sprossendes Nelkenköpfchen (Sproßnelke)
+
+
*
mh
Plantago lanceolatum
Spitzwegerich (Lanzettblättriger Wegerich)
+
+
*
sh
Polygala vulgaris
Gewöhnliches Kreuzblümchen
-
+
3
mh
Polypodium vulgare
Gemeiner Tüpfelfarn
+
+
*
mh
Potentilla argentea
Silber-Fingerkraut (silberblättriges Fingerkraut)
+
-
*
mh
Potentilla recta
Aufrechtes Fingerkraut
-
+
*
mh
Potentilla verna
Frühlings-Fingerkraut
+
+
*
mh
Prunus spinosa
Schlehe (Schwarzdorn)
+
+
*
sh
Rosa canina
Hundsrose
+
+
*
sh
Rubus canescens
Filzbrombeere
-
+
D
mh
Rumex acetosella
Kleiner Ampfer
+
+
*
sh
Sagina procumbens
Liegendes Mastkraut
+
-
*
sh
Sanguisorba minor
Kleiner Wiesenknopf
-
+
*
h
Scleranthus perennis
Ausdauernder Knäuel
+
+
3
mh
Sedum album
Weiße Fetthenne
+
+
*
s
Sedum forsterianum (S. forsteranum)
Zierliche Fetthenne
+
-
R
es
Sedum rupestre (S. reflexum var glaucum u. var virile)
Tripmadam, Felsen-Fetthenne
+
+
*
mh
Sedum sexangulare
Milder Mauerpfeffer
+
-
*
s
 
Silene nutans
Nickendes Labkraut ( Nickende Silene)
+
+
V
s
Sorbus aria
Echte Mehlbeere
+
+
*
mh
Sorbus aucuparia
Eberesche
+
-
*
h
Sorbus torminalis
Elsbeere
+
+
*
mh
Taraxacum tortilobum
Gedrehtlappiger Löwenzahn
-
+
3
s
Teucrium scorodonia (T. scordonium)
Salbei-Gamander ( Salbeiblättriger Gamander)
+
+
*
h
Thymus pulegioides
Feld-Thymian
-
+
*
sh
Trifolium arvense
Hasen-Klee
+
+
*
h
Trifolium striatum
Gestreifter Klee
-
+
V
s
Turritis glabra
Turmkraut
+
+
*
s
Verbascum lychnitis
Mehlige Königskerze
+
+
*
mh
Veronica officinalis
Wald-Ehrenpreis
-
+
*
h
Vincetoxicum hirundinaria (V. officinale)
Schwalbenwurz
+
+
V
s
Viola reichenbachiana
Waldveilchen
-
+
*
h

 

3. Bemerkenswerte Besonderheiten

An dieser Stelle möchten wir zwei hier vorkommende Arten hervorheben, die im Saarland nur noch an wenigen Standorten zu finden und in der aktuellen Roten Liste des Saarlandes mit „ss“ oder „es“ gekennzeichnet sind.

3.1 Genista germanica ( es; 1: Vom Aussterben bedroht)

                                                     Infloreszenz                                                                                                                                  Zweig mit Dornen

 

Den Schatterfels als Fundstelle des Deutschen Ginsters hat erstmalig P. Haffner am 20. Juli 1951 und später auch am 30. Juli 1952 genannt.9,10)

In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde er dort und auf dem gegenüberliegenden Talhang des Michelbacher Mühlenbach-Tales (im direkten Mündungsbereich zur Prims) von A. Staudt (wieder)gefunden ( siehe: „Atlas der Gefäßpflanzen von Schmelz“ 12)) und 2021 gemeinsam mit W. Neusius am Schatterfels erneut bestätigt.

Meldungen der Art vom Schatterfels im FFIpS:

1994 S. Caspari

02.06.2021 Staudt & Neusius 3 Stöcke; Der Fundort befand sich ungesichert am Rand des Pfades, der über den Fels führt und der von der Gemeinde Schmelz gelegentlich freigestellt wird.

Weitere Eintragungen im FFIpS für das Saarland:

21.07.2020 A. Schmid bei Kirkel

19.05.2024 D. Gerstner bei Lebach/Steinbach; Eintragung wurde aber zurückgezogen (09.06.25)

 

3.2 Anthericum liliago ( ss; 3: gefährdet)

Die astlose Graslilie wurde bereits Ende 19. / Anfang 20. Jahrhundert vom Nunkirchener Lehrer Mathias Dewes für Michelbach genannt ( siehe weiter oben). Paul Haffner hat diese Meldung aufgegriffen und das dortige Vorkommen der Lilie in seinen Veröffentlichungen von 1958 und 1972 unter Bezugnahme seiner Aufnahme vom 20. Juli 1951 verifiziert. 9,10) Im Saarland sind aktuell nur 3 Vorkommen bekannt (Schatterberg und Buttnicher Kopf im Primstal, der Elsenfels im Nahetal, s.u.). Aktuell Die im Sauer-Atlas von 1993 als weiterer Wuchsort genannte Saarschleife konnte als Fundort in den letzten 30 Jahren nicht mehr bestätigt werden (FFIpS). 11)

                                                     Infloreszenz

Auf Initiative von A. Staudt wurde 2021 durch Frank Grütz, dem Leiter der Naturwacht Saar, ein niedriges Holzgatter zum Schutz der Lilie am Rand des Pfades angebracht, um ein unbeabsichtigtes Betreten der an sich kleinen Fundstelle zu verhindern. W. Neusius hat dann 2024 das Vorkommen vorsichtig freigestellt, um ein Eindringen der Strauchschicht vom Waldrand her einzudämmen. Hier besteht ein jährlicher Handlungsbedarf, der aber problemlos und ohne Mehraufwand mit der ohnehin regelmäßig durchgeführten Instandhaltung des Wanderweges kombiniert werden kann.  

                                                  Trittschutz am Pfad

 

Meldungen der Graslilie vom Schatterfels im FFIpS:

20.05.2002 Staudt

19.05.2018 Staudt & Werno

02.06.2021 Staudt & Neusius

08.05.2024 Neusius

07.05.2025 Staudt & Neusius

Weitere Eintragungen im FFIpS für das Saarland:

Buttnicher Kopf: 17.07.2010 Staudt, 13.04.2020 Staudt & Neusius, 09.05.2024 Neusius

Elsenfels: 1988 E. Sauer, 1995 S. Caspari, 15.07.08 J. Morlo, 11.09.08 J. Morlo, 29.06.19 F.J. Weicherding, 21.05.22 R. Byskow

 

4. Vergleichende Beurteilung der Bestandsaufnahmen von P. Haffner und den Verfassern

Wenn wir die Bestandsaufnahmen von P. Haffner mit unseren vergleichen wollen, müssen wir natürlich berücksichtigen, dass die Vegetation des Untersuchungsgebietes in den letzten 75 Jahren und auch davor ständigen Veränderungen unterworfen war. So weist ein Blick auf das Ur-Messtischblatt 3528 Lebach von 1850 den Südhang des Schatterberges und den gegenüber liegenden Teil des Welberschberges noch als „Heide“ aus.

Aus der 1. Hälfte des vorigen Jahrhundert liegen einige historische  Fotographien im Archiv der Gemeinde Schmelz und auf einer privaten Homepage vor:

http://www.historisches-archiv-schmelz.de/...bild_id=222
http://www.historisches-archiv-schmelz.de/...bild_id=451
http://www.historisches-archiv-schmelz.de/...bild_id=454
https://schattertriesch.de/Anfang_vom_Triesch/target16.html

Richard Leidinger aus Schattertriesch erwähnte in einer Mail an W. Neusius vom 6. Juni 2025, dass in den 60er Jahren der Hang unterhalb der Felsen nicht von Bäumen bestanden war. Im westlichen Teil bildete sich im Laufe der Jahre ein Schlucht- Hangmischwald aus. Das Gelände unterhalb der Felsformation wurde im Zuge von Erhaltungsmaßnahmen (2001-2004, 2007; ehemaliges NSG Schatterberg Primsaue/Schartenmühle) auf einer Breite von etwa 80 m entbuscht 14). Der unmittelbar an die B 268 angrenzende Teil wurde durch Drahtgitter gegen Hangrutschung und Steinschlag gesichert, eine Maßnahme, die ohne Abstimmung mit dem damaligen Kreis-Naturschutzbeauftragten Aloysius Staudt trotz Einlegung einer Beschwerde erfolgte. Aktuell mussten wir im oberen Teil der Felsformation ein Vordringen von Cytisus scoparius, Rubus canescens, Crataegus spec., Rosa spec , Prunus spinosa und Baum- und Strauchschößlingen aus dem Waldsaum feststellen, was den Lichteinfall, der unter anderem für Anthericum liliago von Bedeutung ist, begrenzt. Der über das Felsband führende Pfad ist nur unter großer Vorsicht begehbar.

Unter Berücksichtigung der unter 2. aufgeführten Tabelle ergibt sich nachstehender Vergleich:

Artenzahl in den Aufnahmen insgesamt

95

Artenzahl in den Aufnahmen Haffners

64

Von uns bestätigte Arten

48 (entspricht 75 %)

Von uns neu aufgenomme Arten:

31

Gefährdete Arten (Rote Liste 2020 SL)
  Zwischen 1 und 3 bzw. R

14

  Vorwarnstufe

7

 

5. Bewertung und Ausblick

Wie bereits geschildert stellt sich zur Zeit das Problem der Verbuschung, besonders in dem Bereich des von der Naturwacht zum Schutz der Graslilie angebrachten Holzgatters und dem Pfadverlauf weiter Richtung Richtung Osten bis zum letzten Felsen. Die von W. Neusius in 2024 durchgeführte vorsichtige Freistellung trug zum Erhalt des Vorkommens bei ( zwar nur ein Stock, aber aktuell mit sieben Stängeln; siehe auch Eintragungen im FFIpS vom 8.5.24 und 7.5.25). Die für die Kategorisierung als Felsenbirnengebüsch wichtigen Arten sind weiterhin vertreten, wobei wie bereits weiter oben vermerkt die namengebende Amelanchier embergeri ( A. ovalis bei Haffner ) im Gegensatz zum Buttnicher Kopf und Großem Horst (Hoxfels) weiterhin fehlt. Es bleibt abzuwarten, ob sich Genista germanica wieder einstellt (die letzte Beobachtung stammt vom 02.06.2021, allerdings ist die Art ohne Infloreszenz nur schwer zu finden).

Im Vorfeld der Zusammenlegung verschiedener Naturschutzgebiete zum Natura 2000-Gebiet „6507-301 Prims“ im Dezember 2017 wurde im Februar 2015 im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz durch U. Lenz von der Bürogemeinschaft für Landschaftsökologie in Nonnweiler ein Managementplan erstellt 14) .

Den Schatterberg betreffend heißt es dort:

"6.3 Ziele und Maßnahmen zum Erhalt des bestehenden Zustandes bzw. zur Verbesserung des Erhaltungszustandes der FFH-Lebensraumtypen,

Erhaltung, ggf. Wiederherstellung, der offenen Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation und der Silikatfelsen mit Pioniervegetation:

- Erhalt der für die Lebensraumtypen charakteristischen Vegetations- und Habitatstrukturen sowie der typischen Artengemeinschaften

Sicherung des biotopprägenden Licht- Wasser- Temperatur- und Nähstoffhaushaltes,

Sicherung ungestörter, vor Freizeitdruck ( z. B. Trittbelastung), Verbuschung und starker Beschattung geschützter Bestände“ 14) S.46

Und weiter: „Der südexponierte Fels am Schatterberg wurde in der Vergangenheit wiederholt entbuscht (s. Kap.9 ). Zur Sicherung des guten Erhaltungszustandes ist eine Fortsetzung der regelmäßigen Entbuschung notwendig (E-eb)“ 14) S. 49 f..

„Zur Erhaltung der natürlichen Silikatfelsen ist die Sicherung der freien Entwicklung erforderlich (S-fe, S-ms)“ 14) S. 91

 

Damit der Schatterfels auch in Zukunft ein botanischer Leuchtpunkt bleibt, gilt es, die im Managementplan vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen und die für den Erhalt der Natura 2000-Gebiete zuständigen Stellen durch Information und Sensibilisierung in Verantwortung zu nehmen:

- Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz

Referat D/1 Naturschutz/ Natura 2000 Management

  • Naturwacht Saar
  • LUA: B3 Natur- und Umweltschutz; Fachbereich 3.1 Natur- und Artenschutz

- Gemeinde Schmelz: Unterhalt des Wanderweges „Der Geologische“

6. Literaturangaben

  1. „Nationale Naturlandschaften im Saarland“, Saarland.de, Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz
  2. geoportal.saarland.de
  3. schmelz.de/freizeit-tourismus/broschuerenservice/kostenlos
  4. geoportal.saarland.de
  5. floraweb.de
  6. natura2000manager.de
  7. Schutzgebietskataster auf geoportal.saarland.de
  8. Haffner, P.: „Geobotanische Untersuchungen im Saar-Mosel-Raum“ in: Abh. 18/1990 der Delattinia, Saarbrücken 1990, S. 34 f.
  9. Haffner, P.: „Seltene Pflanzen der Naturschutzgebiete unserer Saarheimat in pflanzengeographischer Betrachtung (Saarbrücken, 1958) in: Veröffentlichungen des Institutes für Landeskunde im Saarland, Saarbrücken, 1987; S. 54
  10. Haffner, P.: „Pflanzensoziologische Untersuchungen im Primstal“ (Merzig, 1972) in: Veröffentlichungen des Institutes für Landeskunde im Saarland, Saarbrücken, 1987; S. 297
  11. Sauer, E.: „Die Gefäßpflanzen des Saarlandes“ Sonderband 5 der Schriftenreihe „Aus Natur und Landschaft des Saarlandes“, Saarbrücken 1993; S. 195
  12. Staudt, A.: spiderling.de/schmelzer_flora
  13. Staudt, A.: spiderling.de/Projekte/Biodiversitaet/
  14. Lenz, U: Managementplan für das Natura 2000-Gebiet 6507-301 „Prims“ naturschutzdaten.saarland.de/natura2000/struktur.html
  15. schattertriesch.de/Anfang_vom_Triesch/target0.html
  16. Haffner, P.: „Zur Pflanzengeographie des Buttnicher Kopfes im Primstal“ in: Abh. 20/1992 der Delattinia, Saarbrücken 1992
  17. rote-liste-saarland.de/wp-content/uploads/2020/10/SL-010-RL-Gefaesspflanzen_PDF-Version-2020.pdf

Autor(en): 

Walter Neusius, Aloysius Staudt

Tags: 

Das Vorkommen von Asplenium ceterach im östlichen Teil der ehemaligen Weinbaudomäne Serrig

Datum: 

30.08.2023
Das Vorkommen von Asplenium ceterach im östlichen Teil der ehemaligen Weinbaudomäne Serrig
Luftbild 1995, zum Zoomen Link im Kap. Literatur nutzen
Luftbild 1995, zum Zoomen Link im Kap. Literatur nutzen

Die ehemalige Staatliche Weinbaudomäne Serrig umfasste mit 32 ha weite Teile des nach Süden abfallenden Hanges zum Serriger Bachtal. Weinbau wurde hier von 1904 bis in die späten Achtziger Jahre betrieben und war - was Technik, Anbau und Vinifizierung anbelangt - vorbildhaft. Das Gebiet wurde durch eine Feldbahn mit einer Gesamtstrecke von etwa 10km erschlossen. Das Untersuchungsgebiet, die sogenannte Walachei, liegt östlich der seit 2016 neu angelegten Weinbaufläche. Hier sind zumindest die ehemaligen Trassen auf einem Luftbild von 1995 noch zu erkennen. Im oberen Bereich ist das Haus Heiligenborn gelegen, einer ehemaligen Unterkunft der im Weinbau tätigen Arbeiter, das zur Zeit von privater Hand renoviert wird.

Die Gleise der Feldbahn verlaufen unmittelbar neben den Weinbergsmauern, die typischerweise im unteren Bereich aus horizontal und im oberen Bereich als Abschluss aus vertikal geschichteten Schieferplatten aufgebaut sind. Am jeweiligen Ende der Schienentrasse können die Loren umgesetzt werden und verlaufen dann auf einer der unteren Trassenabschnitte.

Der Zugang wird im stark verbuschten östlichen Teil von teilweise mit Bäumen bestandenen Gleisen und im offeneren westlichen Teil zusätzlich durch Hecken aus Brombeeren, Rosengewächsen sowie Schlehen erschwert. Ein Vorankommen erfordert ein gesundes Maß an Beharrlichkeit.

Im insgesamt eher beschatteten östlichen Teil überwiegen Einzelvorkommen oder kleinere Gruppen des Milzfarnes bei vorherrschendem Vorkommen von Asplenium trichomanes, vereinzelt vorkommendem Asplenium scolopendrium, Asplenium adiantum-nigrum und sehr schön ausgebildetem Asplenium ruta-muraria (siehe hierzu die Eintragungen von A. Staudt im FFIpS). An einer Stelle fanden wir eine Handvoll Stöcke Asplenium septentrionale. Massenvorkommen des Milzfarns mit teilweise mehr als 500 Stöcken fanden wir im offeneren Gelände und dort vor allem im Bereich der oberen meist vertikal geschichteten Schieferplatten:

Die Tatsache, dass selbst bei der starken Sonneneinstrahlung in diesem Bereich der Milzfarn noch so frischgrün erscheint, lässt auf auf eine gute Wasserführung in der oberen Mauerschicht schließen ( In anderen Beobachtungsgebieten zu dieser Jahreszeit wegen bereits eingerollter Wedel nur schwer auffindbar).


 

Die Erfassung des Vorkommens von Asplenium ceterach erfolgte gemeinsam am 18. April und 31. Juli. A. Staudt untersuchte zusätzlich am 29. Juli u. a. besonders den unteren Bereich. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Milzfarn heute im Beobachtungsgebiet verbreitet vorkommt und dass sich die - wenn auch ungewollte - Erhaltung der alten Strukturen (120 Jahre alte, unverfugte Weinbergsmauern) positiv auf seine bisherige Entwicklung ausgewirkt hat. Da es sich allerdings um ein Vorkommen handelt, das nach unseren Recherchen bisher noch nicht in der Literatur erwähnt worden ist, können keine Rückschlüsse auf die bisherige Bestandsentwicklung gezogen werden.

Die zukünftige Entwicklung hängt einmal davon ab, in welchem Umfang die Verbuschung und die damit einhergehende Beschattung zunimmt. Ob auch der hier betrachtete Bereich der ehemaligen Weinbaudomäne einer eventuellen Erweiterung der Anbaufläche nach Osten hin zum Opfer fällt, ist uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.

Beobachtungen vom 18. April (gemeinsam)

(Gelb punktiert)

Südexponierte Schiefermauer im Bereich des Hauses Heiligenborn:                 100 Stöcke

                                                                                                                                                               50 Stöcke

Entlang der Feldbahn vom Haus abwärts vereinzelt:                                                  >30 Stöcke

 

Ende oberer Weg mit Lorenschuppen:                                                                                   2 Stöcke

Abzweig nach Westen (noch verbuscht):                                                                                2 Stöcke

Abzweig nach Westen (offen):                                                                                                ~ 50 Stöcke

 

Beobachtungen vom 31. Juli (gemeinsam)

(Rot punktiert)

Vom Abzweig nach Westen unterer Weg : 

vereinzelt, kleinere Gruppen und Massenbestand (MB)                                            >500 Stöcke

 

Beobachtungen vom 29. Juli 2023 (A. Staudt)

(Blau punktiert - ungefähr)

 

Unterste Lorenstrecke hangabwärts

                     Vereinzelt, kleine Gruppen und Massenbestand (MB)                           > 500 Stöcke

Hangaufwärts Lorenstrecke

          Vereinzelt, kleine Gruppen insgesamt                                                                    > 500 Stöcke

Obere Lorenstrecke (Nähe Ansitz) Massenbestand (MB)                                          > 500 Stöcke

 

Alle Vorkommen von Asplenium ceterach im Untersuchungsgebiet sind im Faunistisch-Floristischen Informationsportal Saar-Mosel (FFIpS) dokumentiert.

 

 

Manna-Zikade (Cicada orni) in Saarbrücken

Datum: 

19.07.2023
Manna-Zikade (Cicada orni) im Saarland

Ort: 

Saarbrücken, Nähe Güterbahnhof

Anfang Juli 2023 wurde M. Schichtel, Dudweiler, auf mediterrane Zikadengesänge aufmerksam, die entlang der Dudweiler Landstraße an zwei getrennt liegenden Stellen (Ortseingang Jägersfreude, 49.258033N 7.002791E und Ortseingang Saarbrücken - Güterbahnhof,  49.251197N 7.005440E) zu hören waren. Der Autor hatte am 19.07.2023 keine Mühe die Tiere dort zu finden. Trotz des Verkehrslärms am Ende der Autobahn waren die Tiere gut 100 m weit zu hören. Eine Handvoll singender Männchen saßen auf Alleebäumen einer Verkehrsinsel zwischen den beiden Fahrbahnen der Autobahn A 623 bzw. B 41, die hier in die Dudweiler Landstraße einmündet (49.250445N 7.005142E). Auch in der Baumhecke, die den angrenzenden Güterbahnhof abgrenzt, saß ein Tier (49.250379N 7.004773E).  Audiodateien konnten aufgenommen werden: Belegdatei1, Belegdatei2. Vergleichsgesänge und Gesänge weiterer mediterraner Arten sind auf Cicadasong. eu zu finden.

Danach handelt es sich hier um die Manna-Zikade Cicada orni, eine im Mittelmeerraum häufige Art, deren Verbreitungsgebiet früher bis in den Süden der Schweiz und Österreichs reichte. Die Verbreitungskarte für Frankreich zeigt aktuell bereits eine Ausbreitung nach Norden. Wobei einerseits der klassische Weg für die nordwärts gerichtete Ausbreitung wärmeliebende Arten über das Rhône-Gebiet, anderseits aber offensichtlich auch die atlantische Klimazone genutzt werden. 

Auf den Internet-Plattformen für floristisch-faunistische Fundmeldungen Observation.org und iNaturalist.org sind für Deutschland und unsere Großregion nur wenige Meldungen (Details siehe unten) dokumentiert.  Vergleichsweise viele Meldungen (bereits ca. 120 seit 2008) liegen aus den Niederlanden vor.  Dies gilt auch für Belgien mit 17 Meldungen seit 2018. Im Vergleich dazu besteht das Vorkommen in Saarbrücken schon viel länger. Die ersten Beobachtungen der Zikade von M. Schichtel in der Örtlichkeit reichen bis in die 1990er Jahre zurück (24.07.1995). 

 

 

Autor(en): 

Aloysius Staudt

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Königsfarne am Wasserfels bei Kirkel – uralte Vorkommen noch immer aktuell präsent

Datum: 

27.07.2022
Königsfarne am Wasserfels bei Kirkel – uralte Vorkommen noch immer aktuell präsent

Ort: 

Kirkel, Wasserfels
Königsfarn (Osmunda regalis) am Wasserfels bei Kirkel. Foto: Anita Naumann
Königsfarn (Osmunda regalis) am Wasserfels bei Kirkel. Foto: Anita Naumann
Königsfarn (Osmunda regalis) am Wasserfels bei Kirkel. Foto: Anita Naumann
Königsfarn (Osmunda regalis) am Wasserfels bei Kirkel. Foto: Anita Naumann

Vorkommen des Königsfarns, Osmunda regalis L., am oder im Gebiet des Wasserfelsens bei Kirkel, Saarpfalzkreis, waren schon Hieronymus Bock bekannt, der sich dazu in seinem „Kreütterbuch“ äußert (Bock 1577, Nachdruck 1964, Seite 194, Erstausgabe 1539, letzte Ausgabe 1630: „Diese Farnstengel werden nit braun / bleiben grün / würt selten gefunden. Im Waßgaw / gegen dem Berghauß Circul / findet man den selben großßen Farn in den hohen Wäldern. Dieser Farn ist der allerschönst und lieblichst under allen Farnkreutern / von farben und gestalten.“ Aufmerksam gemacht haben uns auf H. Bock F.-J. Weicherding (pers. Mitt.) und P. Steinfeld mit seinem Artikel „Aus dem Kräuterbuch von Hieronymus Bock (1498-1554), (Steinfeld 2021). Das oben zitierte „Kreütterbuch“ von Bock wurde zwar erst 1577 gedruckt, nach Steinfeld (pers. Mitt.) kam das erste Buch aber schon 1539 in Druck. Demnach war Bock schon vor der Mitte des Sechzehnten Jahrhunderts die Existenz des Königsfarns bei Kirkel bekannt. Auch Reichert (1987) berichtet von Bocks Königsfarn-Kenntnis bei Kirkel.

Etwa 200 Jahre später wuchsen Königsfarne hier noch immer wie Schultz in seiner „Flora der Pfalz“ (Schultz 1846) folgendermaßen feststellt: „Feuchte und sumpfige Stellen in Wäldern, besonders auf etwas torfhaltigen Böden oder an feuchten Felsen, an Quellen und an Stellen, wo Sphagnum wächst, in der Vogesensandsteinformation an vielen Orten, z. B. an den Tropffelsen! bei Kirkel   “.

Zwischenzeitlich wurden Königsfarne immer mal wieder im Gebiet des Wasserfelsens beobachtet. So berichtete dem Erstautor z. B. Herr Dillenkofer, ein sehr an der Natur, insbesondere an Pflanzen, interessierter St. Ingberter Bürger, Ende der 70er Jahre immer mal wieder von Königsfarn-Beobachtungen am Wasserfels. Später schreibt Sauer (1993) dazu: „Vom Aussterben bedroht. An dem schon F. Schultz (1846) bekannten Fundpunkt am Wasserfels bei Kirkel nur noch zwei kümmerliche Exemplare“. Auch F.-J. Weicherding sind diese Fundstellen seit Langem bekannt. Er schreibt dazu (pers. Mitt.): „Am 30.06.1990 war ich dort zum ersten Mal, am 12.08.2015 war mein letzter Besuch dort.“ In diesen 15 Jahren hat er dort im Hang im unmittelbaren Bereich des Wasserfelsens immer wieder Königsfarn-Exemplare gesehen, 1990 die meisten: 11 Stöcke mit vielen Wedeln, davon 5 fertil, bis 1,5 m lang. Danach gingen die Zahl der Stöcke, die Fertilität und die Länge der Wedel nach seinen Beobachtungen nach und nach zurück, am 12.08.2015 waren es nur noch 6 sterile Stöcke mit 1-3 Wedeln.

Nach unserer Kenntnis wurde dort danach bis 2021 nicht mehr nach Königsfarnen gesucht. Insgesamt gab es also mal mehr, mal weniger Jahre, in denen der Farn in diesem Gebiet entweder nicht gesehen wurde oder man hat nicht danach gesucht.

Im November 2021 entdeckte unser Mitautor M.A. bei einer Exkursion mit A.N. und H.Z. direkt am Wasserfelsen einen kleinen Stock des Farns bei den Koordinaten 49,28327N; 7,24262E, 6709/115, 317 m. Am 28.07.2022 wollten der Erstautor und die Mitautorinnen A.N., A.M. und L.S. nachsehen, ob dieser Stock noch da ist. In der Tat wuchs er frisch und in gutem Zustand noch an der gleichen Stelle direkt am Wasserfels (Abb. 1, Anita Naumann). Es sind in diesem Jahr 4 sterile Wedel, bis zu 20 cm lang. Im letzten Jahr waren es 8 sterile Wedel. Der Wasserfels ist trotz der langen Trockenheit und großen Hitze immer noch feucht und an manchen Stellen tropft sogar Wasser aus der Wand. In der Nähe wächst am Fels reichlich fertiler Rippenfarn, Blechnum spicant und Bergfarn, Thelypteris limbosperma, der Fels ist dicht mit dem thallösen Lebermoos Pellia epiphylla bewachsen.

Wir fragten uns, wie dieser Stock an diese Stelle kommt, wenn in der Nähe keine Königsfarn-Exemplare stehen und wenn aus Gärten ausgebüxte Exemplare extrem unwahrscheinlich sind, weil Königsfarne bei uns kaum in Gärten gehalten werden.

Also kletterten wir den Steilhang neben dem Wasserfels hoch. Der Hochwald mit Buchen und Waldkiefern im Gebiet ist extrem trocken, keine Chance für Königsfarne zu wachsen. Nur direkt im Bereich des Wasserfelsens, also dort, wo sich eine unterirdische Wasserader hinzieht, ist der Waldboden immer noch feucht genug, worauf z. B. größere Mengen des Laubmooses Leucobryum glaucum, des Rippenfarns, von Heidelbeerbüschen (die sonst im angrenzenden Wald fehlen!), Pfeifengras, Molinia caerulea, und an einer Stelle etwa ein dm² des Torfmooses Sphagnum palustre hinweisen. Beim Herantreten an den Rand des obersten Felsvorsprungs konnten dann darunter, ebenfalls auf einem Vorsprung, von oben im Schatten hoher Bäume weitere Königsfarnexemplare erkannt werden. Wir kletterten vorsichtig zu ihnen herunter. Die ersten wachsen dort auf einer Fläche von ca. 2 m² bei 49,28341N; 7,24294E, 340 m, und es handelt sich um 7 Farnstöcke, 2 davon mit je 1 Wedel, 4 mit je 2 Wedeln und einer mit 4 Wedeln, davon einer fertil (siehe Foto, roter Pfeil: Sporangien-tragende Seitenfiedern bereits vertrocknet!). Die längsten Wedel sind hier etwa 1 m lang und sehen gesund und kräftig aus. Diese Exemplare stehen also höchstens 20 m oberhalb des Stocks am Wasserfels, sodass man sich leicht vorstellen kann, dass Sporen aus dieser Gruppe - vor wie vielen Jahren auch immer - in eine Felsritze verfrachtet worden und dann zu dem jetzt beobachteten Stock herangewachsen sind.

Neben dieser Gruppe steht etwas weiter oberhalb, auch am Fuß eines Felsens, ein weiterer kräftiger Stock mit 3 sterilen Wedeln bei 49,28342N; 7,24318E.

Sofern sich im Gebiet am beschattenden Wald und an der Wasserader des Felsens nichts ändert, ist davon auszugehen, dass der Königsfarnbestand, nachdem er hier seit fast 500 Jahren bekannt ist, erhalten bleibt, sicher mit wechselnder Zahl an Stöcken und Wedeln.

Der saarländische Naturschutz und die Verantwortlichen des Biosphärenreservats Bliesgau sollten das Vorkommen im Auge behalten, damit nicht aus Unwissenheit zufällige negative Veränderungen im Umfeld veranlasst werden. Dem zuständigen Förster ist das Vorkommen bekannt.

Autor(en): 

Rüdiger Mues, Michael Altmoos, Anita Naumann, Annika Meierfels, Lara Sprenger, Holger Zeck

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